Einmal im Jahr, zu Allerheiligen am 1. November, bekamen wir früher als Kinder „Allerheiligen-Steigerl“ zu essen: Viele, dicht aneinander gereihte luftige Germgebäcke, jedes in interessanter S-Form und von einer dicken Staubzuckerschicht bedeckt.
Das Brioche-Gebäck, das manchen vielleicht eher unter dem Namen „Himmelsleiter“ bekannt ist, war damals etwas Besonderes, schon alleine der Form wegen – und natürlich, weil wir es nur ein Mal im Jahr zu Gesicht bekamen. Gefertigt wurde das Gebäck von der Bäckerei auf der anderen Straßenseite, verkauft nach der Anzahl der einzelnen „Sprossen“. Da die Bäckerei mittlerweile schon seit vielen Jahren geschlossen ist, verschwand auch das Gebäck von unserem Tisch und irgendwann auch aus meinem Gedächtnis. Bis ich vor kurzem aus heiterem Himmel daran dachte.
„Steigerl“ wird übrigens von steigen abgeleitet und meint die Stiege/Stufen/Treppe, was auf die aus aneinander gereihten S-förmigen Gebäcke (jedes eine Sprosse) zurückgeht, die in Summe eine Leiter bilden.
Auf meiner Recherche ist der Begriff „Allerheiligen-Steigerl“ kein einziges Mal aufgetaucht – was mich vermuten lässt, dass das Gebäck nur in unserer Familie so genannt wurde. Üblicher ist der Ausdruck „Himmelsleiter“.
Angeblich ist dieses Gebäck vor allem im Bezirk Kirchdorf an der Krems in Oberösterreich heimisch (woher ich komme). Auch im Raum Innsbruck ist das Motiv bekannt. Woher dieses Gebildebrot seinen Namen hat, und woher es ursprünglich stammt, darüber gibt es verschiedene Theorien. So soll es ursprünglich von den Germanen zum Mittsommerfest, dem längsten Tag im Jahr, als Glücksbringer an Bedürftige verschenkt worden sein (mehr siehe hier auf Seite 2).
Andernorts kann man lesen, dass die „Armen Seelen“, die Verstorbenen im Fegefeuer, in der Allerheiligenwoche zur Erde hochsteigen, um sich für kurze Zeit von ihrem Leiden zu erholen. Stellvertretend verschenkte man zu dieser Zeit Gebildebrote, meist aus Brioche-Teig, an Bedürftige und Kinder (mehr dazu hier).
Auch von der Godi oder dem Göd an das Godn-Kind – also von den Taufpaten an die Patenkinder – wird die Himmelsleiter offenbar zu Allerheiligen gerne verschenkt (bei uns gab es stattdessen am Ostersonntag das Godn-Kipfel). Außerdem wird treuen Lesern meines Blogs die Ähnlichkeit zu den schwedischen Lussekatter (Luziagebäck) auffallen, die zur Wintersonnenwende gebacken werden.
Ich sehe die Himmelsleiter mehr als Leiter zu Erfüllung von Wünschen, welche auch immer es sein mögen. Verschenkt mit dieser Idee, werden Beschenkte sie auf keinen Fall zurückweisen. Aber das werden sie auch so nicht.
Zutaten
- 100 ml lauwarme Milch
- 50 g feiner Kristallzucker
- 7 g Trockenhefe oder 1/2 Würfel (21 g) frischer Germ
- 125 g Schlagobers (Schlagsahne), 36 % Fettanteil
- 40 g zerlassene Butter, leicht abgekühlt
- 1 gehäufter TL Vanillezucker
- 1 Ei und 1 Eigelb
- 70 g Sauerrahm, durchgerührt
- 2 TL feines Salz (9 g)
- 400 g glattes Weizenmehl (W 700 oder Deutschland Type 550)
Zubereitung
- Milch mit Zucker und Germ in einem großen Mixtopf verrühren und 5 Minuten stehen lassen, bis sich der Germ aufgelöst hat.
- Schlagobers, zerlassene Butter, Vanillezucker, Ei und Eigelb, Sauerrahm sowie Salz zugeben und alles gut vermengen.
- Die Hälfte des Mehls zugeben und mit einem Schneebesen rühren, bis eine glatte Masse entsteht, ca. 1 Minute. Das restliche Mehl zugeben und mit einem Kochlöffel einarbeiten, bis nichts mehr vom Mehl sichtbar ist.
- Den Teig 5 Minuten lang mit einem Kochlöffel zur Mitte hin Falten, die Schüssel währenddessen drehen, sodass der Teig gleichmäßig "geknetet" wird. Wer möchte kann den Teig auch mit den Händen kneten, er ist allerdings sehr klebrig.
- Den Teig für rund 1,5 Stunden bei Raumtemperatur rasten lassen, bis sich sein Volumen (fast) verdoppelt hat.
- Den Teig auf einer gut bemehlten Fläche möglichst rechteckig ausrollen, zwischendurch bemehlen und wenden, sodass der Teig nicht an der Arbeitsfläche kleben bleibt. Er sollte rund 1 bis 1,5 cm dick sein und eine der Seiten soll rund 40 cm lang sein. (>> siehe Anmerkung)
- Den Teig mit einem scharfen Messer in 40 cm lange Streifen mit 1 cm Breite schneiden. Jeden Streifen zur Mitte hin von beiden Seiten einrollen, sodass eine S-Form entsteht. Der gerade Mittelteil sollte rund 15 cm lang sein. (Anmerkung: Auf den Bildern ist er kürzer.)
- Die fertigen Gebäcke mit etwas Abstand zueinander auf einem mit Backpapier belegten Blech verteilen und mit einem Geschirrtuch abdecken (falls der Teig klebrig ist, mit einem Pinsel zuvor leicht bemehlen). Nicht allzu viel Abstand dazwischen lassen, da die Himmelsleitern beim Backen ruhig "zusammenwachsen" dürfen. Die Teigstücke rund 30-45 Minuten bei Raumtemperatur gehen lassen, bis sie deutlich aufgegangen sind.
- Wer möchte kann jedes Teigstück mit einer Mischung aus Eigelb und Milch oder mit Schlagobers bepinseln, dann werden sie beim Backen etwas glänzender und dunkler. Muss aber nicht sein.
- Bei 175 Grad Ober- und Unterhitze im vorgeheizten Backofen backen, bis sie gerade beginnen zu bräunen, ca. 15 Minuten (nicht braun werden lassen, das trocknet sie aus).
- Auf dem Blech abkühlen lassen und mit etwas Staubzucker bestäuben.
Tipp
Für die Fotos oben habe ich den Teig in 16 gleiche Stücke (je 52 g) geteilt, zu 30 cm langen Nudeln ausgerollt und dann von beiden Seiten S-förmig eingerollt (so wie ich die Lussebullar gemacht habe). Der Teig war allerdings sehr klebrig, was die Arbeit mühsam gestaltete. Beim nächsten Versuch habe ich den Teig daher wie oben beschrieben ausgerollt, was um Vieles leichter war. Normalerweise sind Himmelsleitern eher etwas länger (mit rund 15 cm gerade Mittelteil) und nicht so dick. Es sollten sich mit der angegebenen Teigmenge daher rund 20 Stück ausgehen.
Hast du dieses Gericht nachgekocht? Hier könnte dein Ergebnis gezeigt werden. Schicke dazu einfach ein Bild an [email protected]
Liebe Ursula!
Ich finde deinen Blog und deine Rezepte einfach himmlisch und werde heuer auf jeden Fall deine Allerheiligensteigerl servieren. Die Geschichten zu deinen Rezepten machen das Nachkochen noch viel spannender. Danke für die Inspiration!
Ganz viele, liebe Grüße von
Ursula 😉
Liebe Ursula,
Danke dir, das höre ich natürlich gerne :) Heuer hatte ich leider keine Zeit sie zu machen, nächstes Jahr dann wieder. Liebe Grüße Ursula ;-)
Liebe Ursula, ich habe heute deine Allerheiligen Steigerl gebacken. Ich muß dir sagen, das ist ein ganz tolles Rezept. Die Steigerl sind super fluffig. Wir haben sie mit etwas Butter und Marmelade genossen.
Ich habe den Hefeteig über Nacht im Kühlschrank gehen lassen. Hat perfekt geklappt.
Danke für das Einstellen.
GLG Inge
Liebe Inge,
Freut mich sehr, dass du das Rezept ausprobiert hast. Es ist wirklich eines meiner allerliebsten (und ich mag wirklich alle Hefeteige sehr gerne). Eine kühle Gare über Nacht ist natürlich auch sehr fein!! Danke dir vielmals für deinen Kommmentar und ganz liebe Grüße, Ursula
Liebe Ursula,
Definitiv ein super-flaumiger, sehr leckerer Hefeteig – mit dem Formen habe ich mich allerdings reichlich schwer getan, da er bei mir wirklich sehr klebrig war. Deine Methode mit den Streifen fand ich schwierig, da ich nicht wusste, wie ich daraus schöne, runde Steigerl formen soll (die Streifen haben ja dann eine „scharfe Kante“), deswegen habe ich mich dann doch für die Methode mit Strang-Rollen + Formen entschieden. Da der Teig so weich war, ist es mir allerdings kaum gelungen, daraus gleichmäßige Stränge hinzubekommen … Sie waren, glaube ich, auch zu kurz bzw. breit, denn meine (mehr oder weniger dann doch gelungenen) „S-Formen“ waren nach dem Backen sehr aufgegangen und nicht mehr so schön „definiert“ wie auf deinem Foto. Lecker sind sie aber trotzdem! :)
Vermutlich werde ich beim nächsten Mal doch einiges mehr an Mehl zugeben müssen – oder hast du sonst noch einen Tipp (oder hilfreiche Fotos zur Teig-Konsistenz und dem Formen :))?
Liebe Grüße,
Laura
Liebe Laura,
Ich habe die Methode des Strang Rollens hier gemacht, weiß aber dass das etwas schwierig ist. Ich habe deshalb die in Streifen schneiden Methode empfohlen ;-) Wenn der Hefeteig dann aufgeht, sieht man nicht mehr, dass die Streifen durch das Schneiden bei bisschen kantig sind, das verläuft sich. Du kannst schon auch ein bisschen mehr Mehl nehmen, aber leicht klebrig sollte der Teig immer noch sein (zu viel Mehl macht das Gebäck etwaw fester). Was den Teig auch leichter in der Handhabung macht, ist ihn vor dem Ausrollen zu kühlen. Vielleicht schaffe ich es einmal ein Video dazu zu machen, da sieht man dann vielleicht besser, wie die Teigkonsistenz ist. Derzeit ists leider grad sehr stressig bei mir und ich komm nicht hinterher :/
LG, Ursula
Liebe Ursula.
Danke für den Tipp mit dem Kühlen, vielleicht probiere ich das beim nächsten Mal :) Plus etwas mehr Mehl, natürlich keine Massen, es soll ja noch flaumig sein. Und ich wollte natürlich keinen Stress machen mit Fotos oder Videos – das wäre dann nur eine mögliche Ergänzung, wenn du sie irgendwann mal wieder bäckst :)
Liebe Grüße,
Laura